Ich bin erfreut, dass meine Vorlesung auch nach der Pause so gut besucht ist, wie zuvor. Unser Thema scheint einen Nerv der Zeit zu treffen. Wenn auch in den oberen Reihen des Hörsaals Ruhe einkehrt, will ich gerne fortfahren. Danke. Butter bei die Fische! Die Chancen durch den SMT sind gewaltig. Eine seiner vielfältigen Tücken ist allerdings die Tatsache, dass wir alles Heil unserer Bockchain in dem Token wähnen. Was uns darin hindert, ihre übrigen, praktischen Einsatzmöglichkeiten für Medien zu erkennen und schleunigst zu entwickeln. Das verurteilte uns Shareholder, ein weiteres halbes Jahr auf einen besseren Kurs zu hoffen, doch das muss gar nicht so kommen.
Keinen Einfluss?
Vor der Pause haben sie gehört, dass der Steem heute schon erfolgreich sein könnte, würden alle Steemians koordiniert an seinem Erfolg mitarbeiten. Viele Entwickler der Blockchain scheinen das Prinzip bereits auf ihrer Schedule zu haben und ergreifen auch Initiativen. Eine davon geht sogar in die Richtung, die ich gerne einschlagen würde (Man rekrutiert. Siehe hier). Meinen Ansatz für weitere Initiativen verorte ich, wie sie im Verlauf des Vortrages schon gehört haben, in einem spezifischen Zweig der Medienbranche. Die leidet chronisch akut und daher ist es wichtig zu wissen, welche Zweige der Branche dringender Lösungen bedürfen und welcher Art sie sein müssten. Was der Steem durchaus liefern kann, als ausgesprochene Blockchain für Medien.
Machtlos?
Steemians könnten nichts tun, um Börsenkurse zu beeinflussen! Kein Mensch könne das! Ich solle den Primat des Bitcoin anerkennen, rief mir kürzlich der engagierte Entwickler @oliverschmid zu und führte aus, dass der Steem–Kurs nur dann steigen wird, wenn der Kurs des Bitcoin überproportional steigt. Des Kurses wegen würde er sich um den Steem also die wenigsten Sorgen machen. Spätestens mit den SMT sei das Problem sowieso beseitigt und der Bitcoin würde auch irgendwann wieder steigen. Es könne doch gar nicht anders sein, da er diese systemische Abhängigkeit täglich beobachte. Er adressierte damit zwei Fehlerquellen, ohne es zu bemerken.
Thesenbehandlung
Beim ersten Hinschauen scheint tatsächlich eine Kausalität vorzuliegen, doch sollten wir nie die Grundlagen unserer wissenschaftlichen Ausbildung vergessen. Da hieß es auch, dass empirische „Fakten“ von ihrer Natur her zwar eminent erscheinen, schließlich entspringen sie scheinbar verifizierten Beobachtungen. Jedoch könne man Schlussfolgerungen daraus niemals trauen, ohne mehr als gründlich den Versuchsaufbau hinterfragt zu haben. Daher sollten seriöse Wissenschaftler auch nie ihre Kraft darauf verschwenden zu beweisen, warum eine Thesen schlüssig ist, sondern primär danach suchen, was gegen sie sprechen könnte.
Klarsicht
Was sehen wir also tatsächlich, im Hinblick auf die täglichen Schwankungen der Altcoinkurse? Meine These: Wir sehen nur, wie der Bitcoin schwankt. Die anderen Coins entsprechen dem, doch es liegt keinerlei Gesetzmäßigkeit in dem Geschehen, was den Grundwert eines Altcoins betrifft. Der BTC berührt deren Grundwert überhaupt nicht. Durch die Kursbewegungen wird die eigentliche Wertbeimessung von Altcoins nur verschleiert. Dieser Vorgang sagt also nicht das Geringste darüber aus, warum dem STEEM überhaupt ein Wert beigemessen wird. Die Binsenweisheit, dass wir sehen, was wir sehen wollen, kann ich in diesem Zusammenhang niemandem ersparen. Wir wollen sehen, dass der Steem einen Wert hat, den der Bitcoin bestimmt. Weil wir nicht sehen wollen, dass dem Steem durch seine Anleger nur der schlappe Wert um einen Dollar herum zugestanden wird. Während das Etherum und viele andere Coins deutlich besser bewertet werden. Ist das etwa auch dem Bitcoin geschuldet?
Ranking
2016 stand der Steem im Ranking der teuersten Coins an Platz 25. Heute steht das Asset an Position 40, nachdem es zwischenzeitlich sogar unter den fünfzigsten Platz gerutscht war. Das ist einzig unserem Spielen mit dem Steem geschuldet. Steemians, das größte Kapital dieser neuen Technik, sind nicht effektiv genug. Gestehen wir uns also ein, dass es nicht der Bitcoin sein kann, was über den Wert des STEEM entscheidet. Es sind, wie an jeder Börse dieser Welt, die Anleger, die den Wert einer Anlage bemessen. Für Platz 25 wurde der Steem als zu leicht befunden. Was tun Großanleger in so einer Situation?
Einmaleins
Der Antwort kommt jeder mit dem kleinen Einmaleins bei. Die Anleger schauen bei Entscheidungen über Assets prinzipiell auf die Rendite. Solange sie mit dem Steem Rendite erwirtschaften, werden sie ihn halten. Gibt das Geschehen auf dem Steem Anlass zur Annahme dass er steigen könnte, kaufen ihn Anleger zu. Womit sein Grundwert steigt. Handeln sie im Gegenteil, bröckelte zuvor mindestens ihre Rendite. Dann wird es für das Asset ganz schnell ganz eng. Dass also Wale den Autorenpool plündern um an ihre Rendite heran zu kommen, liegt einzig an unserer mangelnden Effizienz.
Irrglauben
Lösen wir uns von den allzu bequemen Erklärungen in der Ursachenforschung. Damit gewinnen wir relativ schnell die Erkenntnis, dass auf anderen Blockchains wohl irgend etwas besser laufen muss. Sonst würden ihnen ihre Investoren wohl kaum einen höheren Wert beimessen. Sind wir mit dem Denken soweit vorgedrungen, sollte die Analyse der Situation wesentlich fruchtbarer verlaufen. Der gleiche Student meinte übrigens auch, dass weder Nutzer des Steem, noch seine Gestalter, irgendwas für einen besseren Kurs tun können, außer das Asset zu kaufen. Einen Börsenwert könne man anders nicht willentlich beeinflussen. Diesen kapitalen Irrglauben zu widerlegen, ist einer der Kerne meiner Vorlesung.
Ursachen
Da es keinen Menschen gibt, der von Börsenbewegungen auf ihre mannigfaltigern Ursachen schließen kann, ist es müßig an der Börse selbst nach den Ursachen des Kurses zu suchen. Eine Börse folgt ganz sicher gewissen Gesetzmäßigkeiten und wenn Donald Trump etwas Negatives über Coins äußert, mag der Kurs einen Moment lang Husten bekommen. Doch was triggert die übrigen Bewegungen? Der Großteil börslicher Bewegungen folgt chaotischen Prinzipien. Wir erklären uns die Schwankungen mit wechseldem Angebot und Nachfrage. Viel Psychologie steckt ebenfalls drin, sowie Spekulation, also Hoffnung. Diese Melange kann nur Chaos hervorrufen, was sich nicht auf Algorithmen gründet, die mit dem menschlichen Geist erfassbar wären.
Muster
Wir erkennen wohl dieses oder jenes Muster, können Orderbooks studieren und es soll auch ein Orakel geben, das aus dem Satz des Morgenkaffees lesen kann, wie der Börsentag verläuft. Konkret auf Ursachen von Kursbewegungen zu schließen, ist ganz offenbar nur selten möglich. Könnte man dem Kursverlauf tatsächlich lückenlos konkreten Ursachen zuordnen, wären alle Börsen der Welt relativ sinnlos. Dann würden alle Anleger gleich handeln. Es ist ein alter Traum, einzelne Faktoren des Chaos zum Zwecke der Vorhersage zu erfassen. Was einher geht mit dem Glauben an Chartanalysen, der Existenz von Börsenbriefen und Anlageberatern, allen die glauben das zu können. Neben allen Mustern scheinbarer Evidenz, Spezialisten, ja sogar Mathematikern, die allen Ernstes etwas gefunden haben wollen, gibt es jedoch auch eine Handvoll gesicherter Erkenntnisse, wie der Börsenwert einer Anlage überhaupt entsteht, was ihm schadet und was ihm nutzt. Der Grundwert eines Coins ist vollkommen unabhängig vom Tageskurs. Ein Kurs handelt alleine den momentanen, relativen Zustand einer Anlage aus. Ihr Grundwert ist die verlässliche Größe, was tatsächlich in einem Coin steckt. Im STEEM stecken viel Hoffnung, viele Witnesses und viel Potential.
Gesetzmäßigkeiten
Geht man so an die Betrachtung des Steemkurses heran, spielt der Bitcoin eine untergeordnete Rolle. Dass ein Fremdcoin den Börsenwert des Steem bestimmt, bewerte ich als unhaltbare These. Schauen wir genauer hin, rückt schnell eine ganz andere, wesentlich wirksamere Gesetzmäßigkeit in den Fokus. Es gibt Coins, die zwar deutlich unter dem Bitcoin stehen, aber wesentlich besser laufen als der Steem. Ist diese Beobachtung nicht wesentlich aufschlussreicher, als das affige Bitcoin-Phänomen? Wobei kann uns das helfen? Zu erkennen, dass die Börse, bei aller Gleichförmigkeit ihrer Coinbewegungen, Coins sehr wohl unterschiedlich bewertet. Die Schwankung aufgrund eines volatilen Bitcoin sind eben nur die eine Gesetzmäßigkeit. Uns interessieren dagegen die Regeln, worauf wir als handelnde Blockchainnutzer tatsächlich auch Einfluss haben könnten.
Nun wird es aber Zeit für eine weitere Pause. Wir sehen uns in einer halben Stunde wieder. Nutzen Sie bitte das reichhaltige Angebot unserer Mensa. Weiterführende Aufsätze zum Thema erwerben sie bitte bei meinem Voteassistenten am Stand vor dem Hörsaal. Bis dahin, vielen Dank, dass sie hier sind.