Wie tickt eine Lyrikerin?
Ich wollte die ganze Zeit schon etwas darüber schreiben, was mir meine Gedichte bedeuten. Heute kam dann die Eingebung erstmal nur etwas darüber zu schreiben, wie das Gedichteschreiben funktioniert, so ein bisschen aus der technischen Perspektive. Aber es ist natürlich überhaupt nicht technisch. Es geht eher um die verschiedenen Phasen, die verschiedenen Momente beim Schreiben.
English summary:
How does a female poet "tick"?
All the time I wanted to address what my poems mean to me. Today I got inspired to write more about how writing poems works in general, a little bit like a technical perspective. But of course it does not get technical at all. It’s rather about the different phases, the different moments of writing.
Unterwegs in einem Traum
Ich empfinde es manchmal als Ironie, dass Gedichte relativ wenig mit der Außenwelt und viel mehr mit unserem inneren Reichtum zu tun haben. Für mich sind sie sozusagen ein mit Worten gepflasterter Weg, auf dem ich mehr darüber erfahre, was ich wirklich denke und fühle.

Aus Hegels Philosophie habe ich mitgenommen, dass alles, was sich nicht in irgendeiner Form ausdrücken lässt, nicht wahr, sondern nur ein Traum ist. Eine Erscheinung aber nicht mehr.
Ob meine Gefühle „wirklich“ sind, ist daher eine schwierig zu beantwortende Frage. Ich würde sagen, ihre Auslöser sind wirklich, aber alles andere braucht vermutlich, um „Wirklichkeit“ beanspruchen zu können, eine (manifeste) Ausdrucksform. Und das sind meine Gedichte.
Und wie funktioniert das jetzt?
Zunächst mal ist es wie bei vermutlich jeder Kunstform: Du musst ganz bei dir selbst sein, um das, was in dir steckt, herausholen zu können. Es sind daher in meinem Fall immer nur sehr kurze Momente, in denen ich spüre, dass ich bei mir selbst bin und gleichzeitig (!) zufällig einen Eindruck wahrnehme, der sich bei mir festsetzt. Dieser Eindruck ist sehr schwer zu fassen, er ist eigentlich nicht vermittelbar. Auch nicht durch Gedichte, sie sind nur das Medium, aber nicht die „Wahrheit“.
Meine „Wahrheit“, mein Gefühl, kann ich schlecht direkt mitteilen. Es wäre ja geradezu gruslig, wenn ich das könnte. Ich selbst nutze die Gedichte auch nicht, um anderen meine Gefühle mitzuteilen, sondern, um den Prozess des Bei-mir-selbst-Seins zu intensivieren. Aus den kurzen Momenten mache ich mit den Gedichten lange.
Ich weiß ja erst, indem ich meine Eindrücke in Gedichte „übersetze“, was mich da „getroffen“ hat, und versuche dem dann sozusagen ein „Kleid“ zu verpassen. Um dem Eindruck eine Form, einen Sinn und ein Ziel zu geben.
Mein künstlerischer Anspruch ist es natürlich, aus diesem Eindruck etwas Anziehendes, etwas Schönes oder Weises zu machen. Ich kultiviere da sozusagen etwas, das erstmal nur in seiner rauen, natürlichen Form vorliegt.
Man könnte es als Selbstbeobachtung, gepaart mit dem Wunsch nach Schönheit auffassen. Je mehr ich meine Wahrnehmung auf das Gedichteschreiben fokussiere, desto mehr kultiviere ich mein Innenleben, das ja eigentlich auch etwas Ungezähmtes, Raues an sich hat.
Außerdem trete ich nach jedem Gedicht, das ich schreibe, hoffnungsvoller in den Tag, in die Welt hinaus. Denn es warten überall Eindrücke auf mich. Sie sind nicht immer schön. Ich schreibe ja auch traurige Gedichte. Aber es gibt dennoch in allem auch etwas Schönes zu entdecken. Auch wenn das nur bedeutet, dass ich mich beim Prozess des Wahrnehmens selbst spüre.
Es ist nicht so leicht, den Prozess des Gedichteschreibens in Worte zu fassen, da er einfach sehr persönlich und sehr individuell ist. Er hat, wie gesagt, mehr mit mir selbst als mit meiner Außenwelt zu tun.
Ich hoffe, ich konnte dem einen oder anderen damit aber erklären, wie eine Lyrikerin tickt 🙂
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24.04.2018 UTC + 1
finché vita in petto avrò