Die Ausgangslage
Die abgewählte SPÖ/ÖVP-Koalition hatte in der letzten Wahlperiode ein Nichtraucherschutzgesetz verabschiedet, was für vollständig rauchfreie Gastronomiebetriebe sorgen sollte. Das Inkrafttreten war - warum auch immer - auf den 1.Mai 2018 terminiert. Mit ein Auslöser für das Gesetz war die tödliche Lungenkrebserkrankung des Journalisten Kurt Kuch, der sich in seinen letzten Tagen vehement (aber zu spät) öffentlich gegen das Rauchen engagiert hatte, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_Kuch. Die FPÖ war hingegen in die Wahlauseinandersetzung mit dem Versprechen gegangen, dieses strenge Gesetz zu kippen und konnte sich bei den Koalitionsverhandlungen damit auch durchsetzen. Im ÖVP/FPÖ-Koalitionsvertrag heißt es:
Im Sinne der unternehmerischen Freiheit dürfen Gastronomiebetriebe weiterhin Raucherbereiche anbieten, wobei der Schutz von Mitarbeitern und Jugendlichen ausgebaut wird. Der Nichtraucherschutz wird sich am „Berliner Modell“ oientieren.
Das Volksbegehren
Zur Verhinderng dieser politischen "Rolle rückwärts" wurde vor kurzem ein Volksbegehren gestartet, was das Inkrafttreten der strengen Regelung zum 1.5.2018 sicherstellen soll:
(Bildquelle https://www.dontsmoke.at/)
Die Forderung nach mehr direkter Demokratie
Witzigerweise konnte sich die FPÖ im Koalitionsvertrag auch mit ihrer Forderung nach mehr direkter Demokratie durchsetzen, denn in dem Abkommen steht der folgende Passus:
Wir werden durch einen Ausbau der direkten Demokratie die Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung an politischen Prozessen erhöhen.
Also was nun, FPÖ??
Das leidige Nichtraucherschutzthema in der Gastronomie wäre ein idealer Streitgegenstand, den man guten Gewissens dem Souverän zur Entscheidung überlassen könnte. Die frischgebackene Initiative wurde in ihren ersten Tagen so gut nachgefragt, dass der Server zeitweise nicht mehr erreichbar war:
(Bildquelle ORF Videotext)
Die FPÖ zeigt sich indes beharrlich:
(Bildquelle ORF-Videotext)
Besonders pikant ist der Umstand, dass das Gesundheitsministerium mit Mag. Beate Hartinger-Klein von der FPÖ geleitet wird. Politisch klug wäre es meines Erachtens, sich an diesem Thema nicht weiter die Finger zu verbrennen und einen eleganten Abgang durch die Hintertür der Forderung nach mehr direkter Demokratie hinzulegen. Aber der FPÖ-Boss Strache scheint den Anhängern auch seines Lasters in NibeLUNGENtreue die Stange halten zu wollen.
Dejavue Bayern 2010
Interessanterweise hat im Jahr 2010 exakt zu diesem Thema in Bayern ein Volksbegehren stattgefunden:
(Bildquelle https://de.wikipedia.org/wiki/Volksentscheid_%E2%80%9ENichtraucherschutz%E2%80%9C_in_Bayern)
Seither gilt in der Gastronomie in Bayern ein absolutes Rauchverbot.
Vorausgegangen war - genau wie aktuell in Österreich - ein politisches Hick-Hack, primär verursacht durch die FDP, die in Koalitionsverhandlungen mit der CSU Ende 2008 eine Entschärfung der ursprünglich von der CSU beschlossenen Regelung durchgesetzt hatte. Letztlich wurde von einer sehr aktiven Bürgerinitiative um Sebastian Frankenberger der stenge Nichtraucherschutz von der Bevölkerung mehrheitlich beschlossen.
Zu bemerken ist noch, dass in Deutschland der Nichtraucherschutz Ländersache ist; daher gilt in Berlin eine andere Regelung, auf die sich der österreichische Koalitionsvertrag bezieht.
Österreicher, wie ist Eure Meinung?
Macht ihr mit bei dontsmoke.at oder hofft ihr auf H.C. Strache?
Libertäre, die Adjutanten der Raucher
Aus libertären Kreisen kommt gerne das Argument, dass es dem Wirt überlassen bleiben sollte, was in seinem Betrieb gestattet ist. Schießlich ist niemand gezwungen, dort einzukehren. Ist diese Ansicht stichhaltig? Wie wäre es dann mit Arbeitsschutz, Hygienevorschriften, Lebensmittelqualität etc? Brauchen wir ein staatliches Gemeinwesen, das allgemeine "Spielregeln" in vielen Lebensbereichen festlegt oder wollen wir das freie Spiel der Interessen? Wo ist die Grenze zwischen notwendigen und überflüssigen Regeln? Beispielsweise halte ich die Regel, dass auf der rechten Straßenseite gefahren wird, für absolut notwendig. Würde ein Libertärer fordern, dass jeder selbst entscheiden kann, auf welcher Seite er fährt? Diese Überlegung gibt sicher viel Raum für Diskussionen.