Registrierungszwang bei der Nutzung von Prepaidkarten - Postident oder Video-Chat.
Heute habe ich mal wieder unangenehme Bekanntschaft mit dem wachsenden Überwachungsstaat gemacht. Ich hatte mir ein Zweit-Handy zugelegt (für die Interessierten, es ist ein "Huawei Honor 5C") und im Zuge dessen zähneknirschend akzeptieren müssen, zwecks Erlaubnis der Nutzung meiner (bereits gekauften) Prepaidkarte entweder ein mühseliges konventionelles Postident-Verfahren über mich ergehen zu lassen oder es mittels einer Authentifizierung per Videochat zu versuchen. Diese bei der Nutzung von Prepaidkarten nötige Ausweispflicht gilt seit dem 01.07.2017.
Ich muss sagen, dass ich es als geradezu paranoid empfinde, dass noch nicht einmal das Einscannen und per E-Mail versenden eines Personalausweises oder Reispasses genügt, um die Wissbegierde der Behörden zu befriedigen. Nein es muss ein Videochat (per Handy-App oder vom Rechner aus) sein.
Instabiler Videochat
Dort begannen die Probleme aber bereits mit der Eingabe meiner Adresse, die nicht akzeptiert wurde (vielleicht, weil es ein "Neubau" ist? Allerdings steht der nun schon jahrelang - sollte eigentlich auch die Post inzwischen gemerkt haben ...).
Mit der Eingabe einer falschen Hausnummer ging es dann weiter zum Chat. Nach minutenlanger Wartezeit wurde ich mit dem irgendwo in Osteuropa sitzenden Call-Center verbunden. Umständlich muss man sodann das Ausweisdokument (in meinem Fall einen Reisepass) in die Kamera halten und es hin und her schwenken, damit die "Sicherheitsmerkmale" auf seiner Oberfläche erkannt werden. Danach dasselbe mit der zweiten Seite ... und zuletzt kommt noch das eigene Gesicht an die Reihe. Ihr seht: Ich habe lange durchgehalten.
Der Hammer aber ist, dass jedes Mal (und ich startete mehrere Versuche) spätestens nach der Aufnahme des letzten Fotos die Verbindung abbrach (ich bin übrigens nicht der Einzige, der von schlechter Qualität dieses Video-Chats zu berichten weiß)! Kam ich dann wieder in den Chat rein, sprach ich stets mit einem anderen Mitarbeiter, der mit erklärte, die bereits gemachten Fotos müssten bei einem Chat-Abbruch jedes Mal aus Datenschutzgründen sofort gelöscht werden, und das Spiel also von vorne beginnen (aha, jetzt auf einmal geht es also um Datenschutz, wo doch genau dieser in diesem Staat eine immer kleinere Rolle spielt und stattdessen der vollkommen gläserne Bürger das Ziel zu sein scheint).
Als schließlich beim letzten Versuch die Frau am anderen Ende damit anfing, nun seien die Lichtverhältnisse zu schlecht, um alle "Sicherheitsmerkmale" des Reisepasses zu erkennen, habe ich es verärgert gelassen und muss wohl tatsächlich morgen auf der nächsten Postfiliale die konventionelle Postident-Methode samt Formularausdruck etc. durchführen, nur um meine Prepaidkarte endlich nutzen zu dürfen.
Bisher wenig Freude mit dem neuen Handy:
Freiheit und Privatsphäre oder trügerische "Sicherheit"?
Aber ich weiß, ich weiß: Alles geschieht natürlich nur zu meiner eigenen Sicherheit. Wahrscheinlich muss man zukünftig auch den Personalausweis vorzeigen, wenn man ein Brotmesser kaufen will - denn auch Terroristen benutzen ja des Öfteren Messer ... bald kommt dann noch die automatisch in jedes Haus eingebaute Kamera samt Mikrofon - denn auch Terroristen kommunizieren manchmal innerhalb geschlossener Räume, wäre doch schade, wenn der Staat da nicht mithören könnte ... Letztlich geht es also schlicht darum, dass der "Große Bruder" wissen will, wer mit wem kommuniziert, ob nun ein Anfangsverdacht besteht oder nicht, spielt dabei keine Rolle, jeder ist nun mal ein potenzieller Terrorist ... All diejenigen, die glauben, solche Maßnahmen wären tatsächlich erforderlich, frage ich ...
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... wie das zu den fast vergessenen Zeiten war, als jeder, der wollte, völlig anonym aus einer Telefonzelle heraus anrufen konnte? Gab es damals keine Kriminellen? Hat Deutschland das nicht überlebt?
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... ob sie tatsächlich glauben, es würde für 'echte' Terroristen auch nur das geringste Problem darstellen, sich entsprechende Ausweispapiere zu besorgen und so weiterhin an die gewünschten Karten zu gelangen (ganz zu schweigen davon, dass Kommuniktion mittels verschlüsselter Internet-Telefonie im Zweifelsfalle das Mittel der Wahl sein dürfte). Beispielsweise besaß allein der Berlin-Attentäter 14(!) Identitäten! Letztlich trifft auch diese Maßnahme wieder in erster Linie den Normalbürger und die Provider, für welche sie mit erheblichem Mehraufwand verbunden ist.
In meinen Augen sind die immer lückenlosere Überwachung des (Normal-)Bürgers und der Verlust von Freiheit jedenfalls kein akzeptabler Preis für ein angebliches, kaum nachweisbares Plus an Sicherheit. Nein, Bargeldverbot, Aufweichung des Bankgeheimnisses, immer ausuferndere Überwachung jeglicher Kommunikation und Gängelung des Bürgers lösen keine Probleme, sondern schaffen höchstens neue!