Lasst den Rasenmäher stehen!



Den Titel dieses Posts lieh ich mir aus einem unter "deutschlandfunk.de" erschienen Text, welcher mir aus dem Herzen spricht, und in dem es um die mit einem zu häufigen Rasenmähen einhergehenden Nachteile sowie die Vorteile geht, Gras höher wachsen und Teile von Wiesen, Gärten und Parks verwildern zu lassen.


Kurzgeschorene Rasen und Steingärten sind beliebt, aber der Biodiversität abträglich.


Seit jeher liebt der Deutsche seinen 'ordentlichen', kurzgeschnittenen, praktisch-pflegeleichten zum sich Sonnen, Fußball spielen oder darauf Grillen bestens geeigneten Rasen.
Wem selbst dessen Pflege noch zu viel Aufwand bedeutet, bevorzugt nicht selten gar einen 'Garten' der Marke 'vollständige Steinwüste' bar jeglichen Grüns.
Zuweilen drängt sich fast der Eindruck auf, viele Gartenbesitzer stünden miteinander im Wettbewerb, wer von ihnen den sterilsten Ort mit dem kürzesten Gras und den wenigsten bienenfreundlichen Blüten erschaffen könne.

Gerade der vermehrte Anblick solcher (zu allem Überfluss oft noch mit lebensfeindlichen Nadelgehölzen kombinierten) Steingärten rief in mir den Gedanken hervor, dieses Plädoyer dafür zu verfassen, in seinem eigenen Garten etwas mehr Wildwuchs und Diversität zuzulassen, um so Bienen und anderen Insekten sowie Vögeln und vielen weiteren kleinen Organismen Nahrungsquellen und Unterschlupf zu bieten.

Obwohl ich persönlich es zwar ziemlich absurd finde, einen 50 m2 großen Schotter- oder Kiesgarten anzulegen, bedeutet meine Abneigung einer solchen Gartengestaltung gegenüber nicht, die mittlerweile von Behörden ausgesprochenen Steingartenverbote zu befürworten.
Ich halte es für sinnvoller zu versuchen, Menschen von etwas zu überzeugen, als ihnen auf ihrem eigenen Grund und Boden Regeln aufzwingen zu wollen.


Was aber sind nun die Nachteile zu kurzer Rasen?


Laut dem Umweltökologen Jesko Hirschfeld vom Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung vertrockne einerseits unter zu kurz und zu oft gemähtem (wie das bei über 90 % der städtischen Grünflächen der Fall sei) und somit weniger Schatten spendendem Rasen der Boden im Sommer ohne massive Bewässerung zu schnell, welcher dann andererseits bei Starkregen weniger gut große Mengen von Wasser aufzunehmen vermöge (und zudem viel leichter erodiert).

Höher wachsende Wiesen halten nicht nur ihre Grundfeuchtigkeit besser, sondern fördern, im Gegensatz zur Monokultur eines sterilen Kurzgrasrasens, die Biodiversität, indem die dort gedeihenden Blütenpflanzen eine wichtige Nahrungsressource für Insekten aller Art darstellen, die wiederum selbst als wichtige Bestäuber fungieren und zugleich proteinreiches Vogelfutter sind.
Abgesehen davon könnten die Kommunen durch weniger frequentes Mähen sowohl Energie als auch viel Geld sparen.

Interessant ist übrigens die Seite "Stadtgrün wertschätzen", auf welcher man zunächst unter einigen großen deutschen Städten auswählen, sodann an diversen Parametern ("Grünflächen", "Straßenbäume", "Begrünte Wege", "Naturnahe Pflege" und "Gründächer") drehen und sich schließlich den damit theoretisch zu erzielenden Effekt hinsichtlich "Wasserretention", "Luftreinhaltung", "Kohlenstoffregulation", "Temperaturregulation" und "Kulturelle Ökosystemleistungen" anzeigen lassen kann.


Naturgärten sind "ungepflegt" und alle natürlicherweise dort wachsenden "Unkräuter" sollten entfernt werden?


Ich habe den Eindruck, viele Menschen müssten sich der Erkenntnis, dass ein Garten ohne kurzgeschorenen Rasen und chemische Pflanzenschutzmittel, dafür aber voller verschiedenartiger Blütenflanzen, Insekten und Vögel, vielleicht auch selbst angebautem Obst und Gemüse enorm schön, interessant (vor allem für Kinder) und zudem ökologisch sehr wertvoll ist, erst noch öffnen.

Suche ich im Internet nach Artikeln über diverse, in meinem Garten anzutreffende Pflanzen und Tiere, finde ich fast immer zuerst Texte mit Titeln wie "Moos und Unkraut im Rasen entfernen", aber eher seltener welche, die z. B. davon handeln, weshalb wir Moos nicht beseitigen sollten. In unserem Garten wächst jedenfalls jede Menge Staub filterndes, Luftschadstoffe bindendes, Wasser speicherndes, als 'natürliche Klimaanlage' und vielen Kleintieren als Lebensraum dienendes Moos.

Bedenken, angesichts selteneren Mähens oder Anlegens eines möglichst naturbelassenen Gartens würden möglicherweise Nachbarn die Nase rümpfen, kann ich nur schwer nachvollziehen: Erstens ist ein Nachbar ausschließlich für die Gestaltung seines eigenen Gartens zuständig, aber keineswegs auch noch für alle umliegenden Grundstücke, und zweitens sehe ich überhaupt keinen Grund dafür, dass ausgerechnet derjenige, der etwas für die Umwelt tut, sich in der argumentativen Defensive gegenüber demjenigen befinden sollte, welcher sein Grundstück in eine grüne Gras- oder braune Steinwüste umfunktioniert.


Was kann ich tun, um für eine möglichst große Artenvielfalt in meinem Garten zu sorgen?


Neben einer niedrigeren Mähfrequenz ist es sinnvoll, teile des Gartens sich selbst zu überlassen und vor allem zumindest an einigen Stellen heimische, für Bienen und andere Insekten sehr wertvolle Gewächse, wie z. B. Löwenzahn, verschiedene Kleesorten, Günsel, Efeu oder Moos, nicht als "Unkräuter" zu betrachten, sondern sie dort, wo sie nicht stören, einfach mal wachsen zu lassen!

Bienenfreundliche Blütenpflanzen findet ihr z. B. ...

Neben Futterquellen sollten jedoch auch möglichst viele verschiedene Habitate angeboten werden, in denen die diversen Gartenbewohner sich verstecken sowie ihren Nachwuchs großziehen können.

Im Folgenden findet ihr einige Anregungen:

  • Für Insekten bieten sich Steinhaufen und Totholzansammlungen an, in denen sich insbesondere auch Käferlarven gut entwickeln.
  • Wildbienen können Niststeine zur Eiablage zur Verfügung gestellt werden, wobei es aber auch speziell für Hummeln gefertigte Behausungen gibt.
  • Igel mögen Laubhügel und Gestrüpp oder auch gekaufte bzw. selbst gebaute 'Igelburgen' zum Überwintern.
  • In in Bäumen aufgehängten Nisthöhlen ziehen Vögel ihre Jungen auf.
  • Ein kleiner Teich stellt sowohl den Lebensraum vieler Insekten als auch zugleich eine Tränke für Vögel, Igel, verschiedene Arthropoden und andere Gartenbewohner dar.

Besonders wichtig ist es überdies, auf giftige chemische Pflanzenschutzmittel zu verzichten, welche nicht nur in der industriellen Landwirtschaft (worauf ich hier etwas detaillierter einging), sondern auch im eigenen kleinen Garten negative Auswirkungen (speziell auch auf Honig- und Wildbienen) zeitigen.


Und nun viel Spaß beim Betrachten der Fotos aus einem (unserem) ziemlich verwilderten Garten! :-)


Ein violetter Ozean aus Traubenhyazinthen (Gattung Muscari).



Es folgen einige Bilder bunter Blumenmischungen.







Hornkrautsorte (Gattung Cerastium).


Diverse Lauchsorten (Gattung Allium).


Der 'Kriechende Günsel' Ajuga reptans ist unter anderem bei Hummeln sehr beliebt.


Glockenblumen (Gattung Campanula).


Blüte des 'Felsen-Storchschnabels (Geranium macrorrhizum 'Czakor').


Das ist die prächtige Blüte eines 'Chilenischen Nelkenwurzes' (Geum chiloense 'Feuerball').



Gelbviolett gefärbte Schwertlilienart, Gattung Iris.


Osterglocke (Narcissus pseudonarcissus).


Vergissmeinnicht (Gattung Myosotis).


Veilchen (Gattung Viola).


Blühende 'Chinesische Strauchpäonie' (Paeonia suffruticosa).


Violetter Teppich aus Phlox-Blüten.


'Jungfer im Grünen' (Nigella damascena).


Das m. E. wunderschöne, zu den Mohngewächsen zählende 'Tränende Herz' (Lamprocapnos spectabilis) wurde 2017 zur Giftpflanze des Jahres gekürt.



Kalifornischer Mohn (Eschscholzia californica).


Mohnsorte (Gattung Papaver).


Der 'Armenische Mohn' (Papaver bracteatum) beeindruckt aufgrund seiner Wuchshöhe von bis zu 120 Zentimetern und prächtig orangerot leuchtenden Blüten und wird seines hohen Gehalts an Thebain wegen auch als Arznei-Mohn bezeichnet.




Tulpen mögen in ökologischer Hinsicht nicht besonders wertvoll sein, aber schön sind sie allemal, und den 'Luxus' einiger 'nur' schöner bzw. exotischer Pflanzen, zusätzlich zu den für unsere Insekten wichtigen, gönne ich mir mit gutem Gewissen.




Was wäre ein Garten ohne Rosen?




Die Strauchrose 'Astrid Gräfin von Hardenberg' ist die in meinen Augen (oder besser: gemäß meiner Nase) am besten duftende Rosensorte überhaupt.


Die Evolutionslinie der Magnolien (Gattung Magnolia) als ältesten noch existierenden Blütenpflanzen reicht bis in die Kreidezeit (über 100 Millionen Jahre) zurück. Ihre Blüten bieten den sie befruchtenden Käfern ausschließlich Pollenstaub, nicht jedoch Nektar an.


Der 'Echte Jasmin' (Jasminum officinale) darf des wundervollen Dufts seiner kleinen, weißen Blüten wegen in unserem Garten auf keinen Fall fehlen und ist auch hinreichend winterhart (blühen wird er erst später im Jahr).


Blätter des Granatapfelbaums (Punica granatum) in der kälteressistenten Variation 'Entekhabi Saveh'.


Die winterharte 'Bitterorange' (Poncirus trifoliata 'Flying Dragon') zeichnet sich durch ihre skurril-gewundene Wuchsform und langen Dornfortsätze aus.


Bis diese Frucht der winterharten Feige Ficus carica 'Babits' reif (und dann sehr lecker) ist, wird es wohl nicht mehr allzu lange dauern.


Blüten der Felsenbirne 'Prince William', deren Früchte in Form und Geschmack an Heidelbeeren erinnen.


Weiße Variante des Flieders (Syringa).


Blüte von Malus 'Croquella', einer trotz ihrer geringen Höhe kräftig wachsenden Zwergapfelbaumsorte.


Blüten des Pflaumenbaums (Prunus domestica).


Blüte des Kirschbaums der Sorte Prunus 'Lapins'.


Hinter dem Kirschbaum seht ihr einen zahlreichen Kleintieren als Versteck dienenden Reisighaufen - wer gute Augen hat, erkennt womöglich auch das rechts davor befindliche, moosbewachsene Igelhaus.


Dieses Bild zeigt links Bereiche eines von diversen Pflanzen überwachsenen, vielerlei Insekten als Habitat dienenden Steinhaufens, rechts daneben befindet sich eine hier jedoch nicht sichtbare Totholzansammlung, und im Hintergrund wachsen, den dahinter liegenden kleinen Teich verdeckende Schachtelhalme und Farne.



Auf unserer Terasse is Moos willkommen!


Disteln werden zwar oft als Unkraut betrachtet, aber ihre Blüten stellen für zahlreiche Hummel- und andere Wildbienenarten eine wertvolle Nahrungsquelle dar.


Bienen und viele Fliegenarten lieben Thymian (Gattung Thymus).


Lupinen (Gattung Lupinus) sind nicht nur als Nektarlieferanten bei Hummeln, wie weiter unten z. B. einer 'Dunklen Erdhummel' (Bombus terrestris), äußerst beliebt, sondern können wie alle Leguminosen mit Hilfe symbiontischer Bakterien der Gattung Rhizobium Stickstoff aus der Luft fixieren und somit den Boden verbessern.



Solitär lebende Wildbienenart an Margeritenblüte (Gattung Leucanthemum).


Ameise auf Erdbeerblüte (Fragaria).


Ameisen auf den Knospen einer bald blühenden 'Königslilie' (Lilium regale).


Sehr zu meiner Freude siedelte sich letztes Jahr eine Kolonie Waldameisen (mutmaßlich Formica rufibarbis - um ganz sicher zu sein, müsste ich noch ihre Haare zählen) in unserem Garten an, über die ein weiteres kleines Post zu schreiben ich durchaus in Erwägung ziehe. Hier eine Arbeiterin auf einem Johannisbeerstrauchblatt.


Der schon früh im Jahr blühende 'Gewöhnliche Löwenzahn' (Gattung Taraxacum) sollte keineswegs als wichtiger Nahrungslieferant für eine Vielzahl an Insekten unterschätzt werden. Auf den folgenden Fotos wird er von einer 'Westlichen Honigbiene' (Apis mellifera), einigen kleinen Käfern und einer 'Gemeinen Feuerwanze' (Pyrrhocoris apterus) besucht.




Ein 'Grüner Scheinbockkäfer' (Oedemera nobilis) macht Kletterübungen an unserer Hauswand.



Der räuberisch lebende 'Gemeine Steinläufer' (Lithobius forficatus) packt seine Beute mit unter dem Kopf befindlichen Maxillipeden (dem zu Giftklauen umgewandelten, ersten Beinpaar), um sodann sein schnell wirkendes Gift zu injizieren.


Dieser zu den Tausendfüßern zählende Schnurfüßer ernährt sich vor allem von totem Pflanzenmaterial, Totholz sowie Pilzen und sondert bei Gefahr ein übelriechendes Sekret ab.


Eine 'Streifenwanze' (Graphosoma italicum) sonnt sich auf dem Blatt eines Johanisbeerstrauchs.


Zahlreiche Beerenwanzen (Dolycoris baccarum) bevölkern unsere Johannisbeersträucher.



Lederwanze (Coreus marginatus) auf 'Stumpfblättrigem Ampfer' (Rumex obtusifolius).


Auf den folgenden Fotos versteckt sich die Nymphe der größten heimischen Wanzenart, der 'Staubwanze' (Reduvius personatus). Mit Staub und anderen Schmutzpartikeln erstaunlich gut getarnt, verschmilzt sie fast mit ihrer Umgebung, so dass potentielle Fressfeinde sie kaum zu erkennen vermögen. Dasselbe gilt für ihre Beute, die sie mittels eines auch für den Menschen sehr schmerzhaften Stichs tötet und dann ausgesaugt.


Auch die Weinbergschnecke (Helix pomatia) ist ein häufig gesehener Gast in unserem Garten.


Auf der 'Rennbahn' rund ums Haus trainieren offensichtlich nicht nur Menschen. :)


Sollte irgendjemand jemals mit dem Gedanken gespielt haben, mir einen Blumenstrauß zu schenken, eine Tradition, der ich noch nie etwas abgewinnen konnte: "Tu es bitte nicht!" Mir sind lebende Pflanzen sehr viel lieber als dem Tode geweihte abgeschnittene Blumen ... :)


Und wem obige Fotos trotz all meiner Bemühungen nicht gefallen haben sollten, dem empfehle ich als Alternative einen der trostlosen Steingärten wie die folgenden, um garantiert jede noch so motiviert nach Pollen und Nektar suchende Biene zur Verzweiflung zu treiben ...



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